Bild von Häusern in Spaichingen von oben

Aus der Geschichte Spaichingens

Wie kommt Spaichingen zu seinem Namen?

Zum Ur­sprung des Na­mens un­se­rer Stadt gibt es ver­schie­de­ne Ver­sio­nen.
In den äl­tes­ten Ur­kun­den Spai­chin­gens wird er unter an­de­rem Speichinga, Speichingas, Speichingen ge­schrie­ben. Man­che Ge­schichts­schrei­ber lei­ten ihn von dem kel­ti­schen Per­so­nen­na­men „Spe­ci­us“ ab. Nach einer an­de­ren Aus­le­gung soll ein ale­man­ni­scher Orts­grün­der na­mens „Spai­cho“ der Stadt ihren Namen ge­ge­ben haben.

Funde be­le­gen eine Be­sied­lung be­reits in der spä­ten Jung­stein­zeit (ca. 2000 v. Chr.). Bis zur Zeit der Kel­ten (4. Jh. v. Chr.) be­stand auf dem Bal­den­berg, der erst ab dem 18. Jahr­hun­dert „Dreifaltigkeitsberg“ ge­nannt wurde, in un­ru­hi­gen Zei­ten ein Zu­fluchts­ort für die Be­völ­ke­rung.

Ur­kund­lich wird Spai­chin­gen erst­mals 791 in einer Schen­kungs­ur­kun­de er­wähnt. In die­ser Ur­kun­de gaben ein ge­wis­ser Rih­pert und seine Ge­mah­lin Ke­ba­sin­de Güter in Spai­chin­gen an das Klos­ter St. Gal­len ab.

Ein Orts­adel, der sich „von Spai­chin­gen“ nann­te, ist ur­kund­lich 1084 bis in die erste Hälf­te des 14.
Jahr­hun­derts be­zeugt. Seine ers­ten be­kann­ten An­ge­hö­ri­gen sind die drei Brü­der Adal­bert, Benno und Be­ri­ker (Be­rin­ger) von Spai­chin­gen, die im 11. Jh. leb­ten. Un­si­cher ist, ob man die spä­ter in Rott­weil, Vil­lin­gen und Bern auf­tau­chen­den Per­so­nen mit dem Namen „Spai­chin­ger“ zu den Nach­fah­ren des Spai­chin­ger Adels rech­nen kann.


Österreichische Grafschaft

In­ha­ber der Ho­heits­rech­te in Spai­chin­gen waren im Mit­tel­al­ter die Gra­fen von Ho­hen­berg. Ur­kund­lich be­legt gab es 1276 den ers­ten Be­sitz der Ho­hen­ber­ger in Spai­chin­gen. Im Jahr 1381 ver­kauf­te Graf Ru­dolf III. die Graf­schaft an Her­zog Leo­pold von Ös­ter­reich, und somit wurde Spai­chin­gen für über 400 Jahre ös­ter­rei­chisch. Die Graf­schaft Ho­hen­berg wurde in eine „obere“ und eine „un­te­re“ Graf­schaft ge­teilt, wobei Spai­chin­gen eine der be­deu­tends­ten Ge­mein­den der „obe­ren“ Graf­schaft war.

1482 ver­lieh Her­zog Sig­mund Spai­chin­gen ein ei­ge­nes Wap­pen. Von dem Wap­pen stammt in leicht ab­ge­än­der­ter Form das halbe Rad des heu­ti­gen Stadt­wap­pens ab. 1688 bis 1805 war Spai­chin­gen als Sitz des ös­ter­rei­chi­schen Ober­vog­tei­am­tes Ver­wal­tungs­mit­tel­punkt für die obere Graf­schaft Ho­hen­berg.

Spaichinger Stadtwappen

Da Spai­chin­gen an einer stra­te­gisch wich­ti­gen Stra­ße lag, hat es bei vie­len Trup­pen­durch­zü­gen
große Ver­lus­te und Schä­den er­lit­ten. Doch die Ent­wick­lung zu einem an­sehn­li­chen wirt­schaft­li­chen Zen­trum konn­ten auch Plün­de­rung und Brand­schat­zung nicht ver­hin­dern.

Im Jahre 1623 er­hielt Spai­chin­gen das Recht, einen Wo­chen­markt und einen Jahr­markt ab­zu­hal­ten.

1805 wurde der Ort würt­tem­ber­gisch, da in Folge der na­po­leo­ni­schen Krie­ge Ös­ter­reich Ge­bie­te an das Kö­nig­reich Würt­tem­berg ab­tre­ten muss­te. Erst unter würt­tem­ber­gi­scher Herr­schaft wurde Spai­chin­gen im Jahr 1828 zur Stadt er­ho­ben. Seit 1807 be­stand ein ei­ge­nes Ober­amt Spai­chin­gen, das zwi­schen 1935 und 1938 zum Kreis Spai­chin­gen wurde.

Nationalsozialismus

Durch eine Ge­biets­re­form wäh­rend der NS­-Zeit wurde Spai­chin­gen 1938 dem Land­kreis Tutt­lin­gen zu­ge­teilt. Von Au­gust 1944 bis April 1945 exis­tier­te in Spai­chin­gen ein Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger. Es wurde von der Rüs­tungs­fir­ma Mau­ser aus Obern­dorf an­ge­legt. Im Lager star­ben min­des­tens 95 na­ment­lich be­kann­te Häft­lin­ge aus ganz Eu­ro­pa an den Fol­gen der ex­trem schlech­ten Le­bens­be­din­gun­gen im Lager und durch bru­ta­le Be­hand­lung und Er­mor­dun­gen durch Wach­leu­te. Eine Ge­denk­stät­te hin­ter dem Fried­hof er­in­nert an die Ge­schich­te des KZ und an das Schick­sal der Häft­lin­ge. Nach dem 2. Welt­krieg, in dem die Stad­t­ei­ni­ge Luft­an­grif­fe er­leb­te, war Spai­chin­gen bis 1948 Teil der fran­zö­si­schen Be­sat­zungs­zo­ne.

Gewerbe

Spai­chin­gen hat eine Ge­mar­kungs­flä­che von 1850 ha, die bis in die 1950er Jahre vor allem land­wirt­schaft­lich ge­nutzt wurde. Die In­dus­tria­li­sie­rung setz­te erst spät in den 1870er Jah­ren ein, nach­dem diese durch den An­schluss an das Ei­sen­bahn­netz im Jahr 1869 mög­lich ge­wor­den war. 1861 hat­ten Ge­wer­be­trei­ben­de und Händ­ler einen Ge­wer­be­ver­ein mit dem Ziel ge­grün­det, die In­dus­tria­li­sie­rung und ge­werb­li­che Ent­wick­lung in Spai­chin­gen voran zu brin­gen. Der Ver­ein er­reich­te, dass Spai­chin­gen einen Ei­sen­bahn­an­schluss er­hielt und baute an der Bahn­hof­stra­ße
das „Ge­wer­be­mu­se­um“ für die Aus- und Wei­ter­bil­dung der Ge­wer­be­trei­ben­den und der Ju­gend.

Im 19. Jahr­hun­dert war das Ge­wer­be ge­prägt vom Hand­werk ver­schie­dens­ter Bran­chen des bäu­er­li­chen und städ­ti­schen Be­darfs und be­reits ei­ni­gen Be­trie­ben der Holz- und Metallverarbeitung. Ei­ni­ge Be­deu­tung er­lang­te die Her­stel­lung von Mö­beln, von Ta­bak­er­zeug­nis­sen und Mu­sik­in­stru­men­ten. La­den­ge­schäf­te wie Buch­hand­lun­gen, Lebensmittel-​​ und Mo­de­ge­schäf­te, Dru­cke­rei­en, sowie das Er­schei­nen der Lo­kal­zei­tung Heu­ber­ger Bote seit 1838 ent­spra­chen dem Be­darf einer zu­neh­mend städ­ti­schen Be­völ­ke­rung und des Um­lands.

Der Rück­gang der Land­wirt­schaft als Haupt-​​ und Ne­ben­er­werb seit den 1950er Jah­ren und eine rege Bau­tä­tig­keit für Wohn- und In­dus­trie­ge­bie­te hat die Stadt stark ver­än­dert. Zum Be­ginn der In­dus­tria­li­sie­rung hatte Spai­chin­gen noch knapp 2 400 Ein­woh­ner – heute sind es über 13 000. Er­werbs­tä­ti­ge Ein- und Aus­pend­ler fin­den heute in Spai­chin­gen und im Um­land zahl­rei­che Ar­beits­plät­ze. Vor­herr­schend sind heute die Drehteile-​​In­dus­trie und an­de­re me­tall­ver­ar­bei­ten­de Be­trie­be, wobei alle mög­li­chen Bran­chen in Spai­chin­gen auch ver­tre­ten sind. Als Ver­wal­tungs­mit­tel­punkt bie­tet Spai­chin­gen auch Ar­beits­plät­ze in der Ver­wal­tung, den Schu­len und wei­te­ren Ein­rich­tun­gen und Be­trie­ben im Dienst­leis­tungs­sek­tor.

Entwicklung der Stadt

Das Mit­tel­stück der Bun­des­stra­ße 14, wel­che die Stadt auf ca. 2,5 Ki­lo­me­ter als Haupt­stra­ße durch­zieht, wurde mit sei­nen brei­ten Geh­we­gen, Park­plät­zen, Grün­strei­fen, Blu­men­bee­ten und Brun­nen immer mehr zu einer städ­ti­schen Ein­kaufs­stra­ße. Im Her­zen der Stadt ent­stand seit Ende der 1960er Jahre durch eine Stadt­sa­nie­rung ein zen­tra­ler Markt­platz, der Zug um Zug mit Ge­schäf­ten und Dienst­leis­tern er­wei­tert wurde. Neben meh­re­ren Fach­ge­schäf­ten, Ban­ken und Büros, Apo­the­ken, Re­stau­rants sind hier auch Woh­nun­gen ge­baut wor­den. Eben­so hat das Rathaus, das 1977 eingeweiht wurde, hier sei­nen Stand­ort. Der Be­reich des Bus­bahn­ho­fes wurde in den letz­ten Jah­ren kom­plett neu ge­stal­tet.

Die Stadt­hal­le, die unter Denk­mal­schutz ste­hen­de Alte Turn­hal­le, das Al­ten­zen­trum St. Josef mit den an­gren­zen­den Se­nio­ren­woh­nun­gen und der So­zi­al­sta­ti­on sowie die neuen Be­ruf­li­chen Schu­len run­den den In­nen­stadt­be­reich ab.

Eine Grün­zo­ne ver­bin­det Stadt­mit­te und Schul­be­reich mit dem Sport-​​ und Frei­zeit­zen­trum im Wes­ten der Stadt. Die­ses bie­tet mit einer drei­tei­li­gen Sport­hal­le, zwei Ra­sen­plät­zen, einem Hart­platz, allen leicht­ath­le­ti­schen An­la­gen, wie zum Bei­spiel der Tar­tan­lauf­bahn, einem neu er­bau­ten be­heiz­ten Frei­schwimm­bad, meh­re­ren Ten­nis­plät­zen mit Ten­nis­hal­le, einer über­dach­ten Roll­schuh­bahn, einem Mi­ni­golf­platz sowie dem Frei­zeit­park „Schlüs­sel­wie­se“ mit Ska­ter­park her­vor­ra­gen­de Mög­lich­kei­ten für die Frei­zeit­ge­stal­tung.

Durch die Bau­ge­bie­te Hin­te­rer Grund, Län­ge­len, Raine, Gän­sä­cker, Lache, Ta­lä­cker, Kirch­wie­sen, Lüt­ze­lesch, Hofe­ner Ösch­le, Schwam­pen­bühl, Hei­den­gra­ben und Lehm­gru­be hat sich Spai­chin­gen be­trächt­lich ver­grö­ßert.

Im Wes­ten der Stadt wurde 1969 die Kreis­kli­nik er­baut. Neben der Kreis­kli­nik dient auch das in Trä­ger­schaft der Stif­tung St. Fran­zis­kus Hei­li­gen­bronn be­trie­be­ne Al­ten­pfle­ge­heim St. Josef der Be­treu­ung unse­rer kran­ken und alten Mit­bür­ger. Am 4. Ok­to­ber 2011 konn­te in Spai­chin­gen das „Sta­tio­nä­re Hos­piz am Drei­fal­tig­keits­berg“ er­öff­net wer­den. Der Hos­piz­ver­ein e.V. ist Be­triebs­trä­ger für die Land­krei­se Tutt­lin­gen, Rott­weil und Schwarzwald-​​Baar-​Kreis. Die Hos­piz­stif­tung un­ter­stützt fi­nan­zi­ell den Hos­piz­ver­ein.

Seit 2011 hat Spai­chin­gen große In­ves­ti­tio­nen zur Sa­nie­rung der Klär­an­la­ge, die sich
zwi­schen­zeit­lich auf dem mo­derns­ten Stand der Um­welt­tech­no­lo­gie be­fin­det, ge­tä­tigt.

Schu­len und Bil­dung ge­hö­ren zu den wich­tigs­ten Auf­ga­ben der Kom­mu­nal­po­li­tik. Die Er­wei­te­rung des Gym­na­si­ums um einen wei­te­ren Bau, in dem ein so­ge­nann­tes „Lern­zen­trum“ un­ter­ge­bracht ist sowie die Er­tüch­ti­gung der Re­al­schu­le mit einem Tech­nik­ge­bäu­de und einem Auf­zug sind ei­ni­ge Bei­spie­le, die die Be­deu­tung der Bil­dungs­po­li­tik in Spai­chin­gen be­le­gen. Die ge­werb­li­che Wirt­schaft be­nö­tigt drin­gend Ar­beits­kräf­te, die durch Ko­ope­ra­tio­nen zwi­schen Schu­len und Be­trie­ben schon zum Ende der schu­li­schen Lauf­bahn aus­ge­sucht wer­den sol­len.

Viele Stra­ßen­sa­nie­run­gen ste­hen in die­sem Zeit­rah­men an. Die ge­sam­te Stra­ßen­be­leuch­tung der Stadt wurde auf um­welt­freund­li­che LED-​Be­leuch­tung um­ge­stellt. Zudem wer­den in die­sem Zeit­rah­men die not­wen­di­gen po­li­ti­schen Ge­sprä­che zur Rea­li­sie­rung der Orts­um­fah­rung Spaichingen-​​Balg­heim ge­führt.

Ehrenbürger

  • Mi­cha­el Munz, Stadt­pfar­rer
  • Oscar Hagen (1895–1996), Po­li­ti­ker und Un­ter­neh­mer
  • Franz Schuh­ma­cher (* 1939), Po­li­ti­ker und Un­ter­neh­mer
  • Al­bert Teu­fel (* 1941), ehe­ma­li­ger Bür­ger­meis­ter
  • Erwin Teu­fel (* 1939), ehe­ma­li­ger Bür­ger­meis­ter und von 1991 bis 2005 baden-würt­tem­ber­gi­scher Mi­nis­ter­prä­si­dent
Bürgermeister Markus Hugger und ehemaliger Bürgermeister Erwin Teufel
Ehe­ma­li­ger Bür­ger­meis­ter Erwin Teu­fel mit Bür­ger­meis­ter Mar­kus Hug­ger

Söhne und Töchter der Stadt

  • Hans Kraut (1532–1592), Renaissance-Haf­ner
  • Anton Braun (1776–1840), Klavier- und Or­gel­bau­er
  • Mar­tin Braun (1808–1892), Or­gel­bau­er
  • Bla­si­us Braun (1823–1883), Or­gel­bau­er
  • Anton Kup­fer­schmid (1835–1903), Ver­le­ger und MdL (Würt­tem­berg)
  • Anton Hagen (1868–1952), Po­li­ti­ker
  • Fried­rich Schu­ma­cher (1884–1975), Berg­bau­in­ge­nieur und Pro­fes­sor, nach ihm wurde das Mi­ne­ral Schu­ma­che­rit be­nannt.
  • Au­gust Hagen (1889–1963), Ge­ne­ral­vi­kar der Diö­ze­se Rot­ten­burg 1947–1960
  • Oscar Hagen (1895–1996), Po­li­ti­ker (CDU), Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter
  • Gre­gor Sor­ger (1906–1950), Mis­si­ons­be­ne­dik­ti­ner, Mär­ty­rer von Tok­won
  • Otto Henze (1908–1991), Forst­wis­sen­schaft­ler und Or­ni­tho­lo­ge
  • Franz Schuh­ma­cher (* 1939), Un­ter­neh­mer und Po­li­ti­ker (CDU), Land­tags­ab­ge­ord­ne­ter
  • Her­mes An­dre­as Kick (* 1944), Pro­fes­sor für Psych­ia­trie in Hei­del­berg
  • Ul­rich T. Hopt (* 1948), Pro­fes­sor, Ärzt­li­cher Di­rek­tor der Ab­tei­lung Allgemein- und Vis­ze­ral­chir­ur­gie am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Frei­burg
  • Win­fried Kret­sch­mann (* 1948), Po­li­ti­ker (Bünd­nis 90/Die Grü­nen), seit 2011 Mi­nis­ter­prä­si­dent von Baden-​​​​​​​Würt­tem­berg
  • Bruno Gmün­der (* 1956), Mit­be­grün­der der deut­schen Schwu­len­be­we­gung und Ver­le­ger
  • An­dre­as Gut (* 1961), Ar­chäo­lo­ge und Mu­se­ums­di­rek­tor
  • Ra­pha­el Ha­e­ger (* 1971), Di­ri­gent und Mit­glied der Ber­li­ner Phil­har­mo­ni­ker
  • Phil­ipp Sich­ler (* 1974), Ka­me­ra­mann
  • Kris­ti­jan Đorđević (* 1976), ser­bi­scher Fuß­ball­spie­ler und -​trai­ner, der SV Spai­chin­gen war die erste
  • Sta­ti­on des Ex-​Bun­des­li­ga­pro­fis
  • San­dra Boser (* 1976), Po­li­ti­ke­rin (Bünd­nis 90/Die Grü­nen), Land­tags­ab­ge­ord­ne­te